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Ein Projekt – Das Poipoidrom

Paris, Winter 1963. Eines Vormittags fuhr ich mit der Metro zu meinem Freund Joachim Pfeufer, wahrscheinlich um Geld für die Miete zu pumpen. Jo ist Architekt. Er malt auch. Damals allerdings arbeitete er hauptsächlich an seinen Bildern. Heute nimmt ihn die Urbanistik wieder ganz in Anspruch. An jenem kalten Morgen in der U-Bahn schaute ich mir die Leute um mich herum an. Sie sahen alle traurig aus, gedankenverloren, verdrossen, einsam. (Ich wirkte auf sie wahrscheinlich genauso.) Ich dachte bei mir: "was soll ich tun? ich würde gerne etwas tun. was? wofür? für wen? Für all diese Leute. Doch was? Warum?" und dergleichen. Ich dachte an mein Leben. Lohnt schöpferische Arbeit all diese Anstrengungen, diese Disziplin? Am Ende bin ich gerade ein bißchen besser, als wenn ich nicht aus dem System ausgebrochen wäre. Aber selbst das ist keineswegs sicher. Wie Marianne – der ewigen Künst-lerstreits und -falschheiten überdrüssig – mir einmal sagte: "Ihr seid nur Künstler, wenn ihr was schafft. Sobald das vorbei ist, seid ihr keine Künstler mehr." Das stimmt. Kreation ist nicht genug. Man darf nicht damit aufhören. Das kann man sich nicht leisten. Das ist´s, dachte ich. Was ich mit jedem teilen muß, ist die Kunst der permanenten Kreation. Ein Institut für permanente Kreation. Auf der Grundlage von Lust und Laune und dépaysement und gutem Willen und Mitmachen.

Bei Jo angekommen erzählte ich ihm von meiner Idee und bat ihn um Mitarbeit. Er war sofort einverstanden, und wir gingen an die Arbeit. Aus dieser Zusammenarbeit entstand das Poipoidrom.

Warum ein so seltsamer Name wie Poipoidrom?

Wenn irgendwo in Afrika, erzählte mir jemand, und zwar der holländische Architekt und Ethnologe Herman Hahn, er treibt seine Forschungen in Mali, Hauptstadt Bamako, ich habe den Eindruck, daß der Dialekt, den er meint, im südöstlichen Klippengebiet (am Territorium des Dogons) gesprochen wird, sich zwei Leute treffen, fragen sie einander:
Wie geht es deiner Kuh?
Und wie geht es deinem Feld?00
Und wie geht es deinem ältesten Sohn?
Und wie geht es deinem Haus?
und so weiter zählen sie alle ihre Besitztümer auf, bis einer von ihnen POIPOI sagt, worauf der andere POIPOI antwortet. Damit brechen sie ab und wiederholen auch manchmal die ganze Geschichte.


von: Das immerwährende Ereignis zeigt  / The Eternel Network Presents / La Fete Permanente présente: Robert Filliou, Sprengel - Museum, Hannover - Musée d´art moderne de la Ville de Paris - Kunsthalle Bern, 1984, p. 133.

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